Im Auftrag vom Kulturamt Fellbach
Kuratorin:
Dr. Claudia Emmert
Co-Kuratorin:
Ina Neddermeyer
Beiprogramm:
Constanze Clostermeyer-Frank
Veranstalterin:
Stadt Fellbach
Kulturamt
Maja Heidenreich
Dr. Heribert Sautter
Graphische Gestaltung:
Andrea und Lena
Appenzeller
Photos © raumlaborberlin
Die 16. Triennale Kleinplastik mit dem Titel „Habitate. Über_Lebensräume“ hat von 24. Mai bis 28. September 2025 in der Alten Kelter Fellbach statt gefunden.
Wie und in welchen Räumen können wir angesichts eines sich tiefgreifend verändernden Planeten zusammenleben? Wie gelingt eine artenübergreifende Gemeinschaft? Die 16. Triennale Kleinplastik Fellbach hat mit skulpturalen Objekten von rund 60 zeitgenössischen Künstler*innen das Thema „Habitate“ ins Zentrum stellen. Denn hier kulminieren alle prägenden Themen unserer Zeit: Klimawandel, Pandemien, Kriege, Migration usw.
Die Ausstellungsarchitektur zum Thema Habitate entsteht aus vorhandenen Materialien, darunter Stellwände, Bühnenpodeste und andere Bauelemente, die bereits in anderen Zusammenhängen im Einsatz waren. Jedes dieser Elemente bringt seine eigene Geschichte mit: Spuren früherer Nutzungen, Erinnerungen eine andere Zeit. Durch ihre neue Anordnung, Verschiebung und Kombination verwandeln sich diese Teile erneut – sie schaffen eine neue Geschichte, ein neues Habitat, dieses mal für der Kunst und seine Besucher.
So entsteht eine vielschichtige, wandelbare Landschaft, die sich aus bereits Gewesenem formt und zugleich etwas völlig Eigenes schafft. Die Besucher:innen bewegen sich durch ein Terrain, das Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwebt. Wegweiser und Schilder strukturieren diesen Raum und laden dazu ein, sich suchend, tastend und neugierig durch ihn hindurchzubewegen, wie durch ein Habitat, das sich immer wieder neu erzählt.
Über diesem Gelände spannt sich eine zweite Ebene: ein schwebendes Dach aus hängenden Jalousien. Sie wirken wie die abstrahierte Krone eines Waldes. Die Jalousien selbst sind dabei mehr als nur ein gestalterisches Element: Sie greifen ein alltägliches Mittel auf, das Menschen in ihren eigenen Habitaten nutzen, um ihre Beziehung zur Außenwelt zu gestalten. In Wohnungen, Büros oder Häusern dienen sie dazu, sich vor Blicken zu schützen oder sich sichtbar zu machen: sie sind Filter, Grenze, Schutzhaut. So werden die Jalousien in der Ausstellung zu einem Sinnbild für die Übergänge und Schwellen, die jedes Habitat prägen: zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, zwischen Rückzug und Teilhabe, zwischen Schutzraum und Öffnung.
Auf den Jalousien erscheinen gesprühte Worte, fragmentarisch, wie Gedankenfetzen auf Mauern oder Graffiti auf Asphalt. Wie eine schwebende Diskurswolke liegen sie über der Landschaft: Begriffe, Fragen, Impulse, die sich mit dem thematischen Feld der Ausstellung verweben. Die Architektur wird so selbst zum Träger von Inhalten, ein Raum des Nachdenkens über Lebensräume, Zugehörigkeit und gesellschaftlichen Wandel.
In ihrer neuen Funktion als Träger von Worten verbinden sie diese symbolische Ebene mit dem diskursiven Raum der Ausstellung. Sie zeigen, dass Habitate nicht nur architektonisch gedacht werden können, sondern auch sozial, politisch und poetisch, als Räume, die immer wieder neu definiert werden durch das, was wir zeigen, verbergen, ausdrücken oder schützen möchten.
Für die Fellbach Triennale gestaltet raumlabor nicht nur die Szenografie, sondern zeigt auch ein eigenes Werk: Third Space: der Ansatz einer neuen Architekturtypologie für das Anthropozän. Das Projekt untersucht, wie stillgelegte Flugzeuge und die Infrastruktur der fossilen Luftfahrt zu einer Ressource für neue Wohn-, Arbeits- und Gemeinschaftsräume werden können.
Seit 2018 erproben wir in einer 1:1-Testreihe, wie Flugzeuge zu flexiblen, nachhaltigen Modulen umgebaut werden können. Die hier präsentierten Modelle im Maßstab 1:72 zeigen erste räumliche Studien und machen sichtbar, wie aus dem Erbe der Vergangenheit zukunftsfähige Räume entstehen können.